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Christus am Ölberg

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Dieses Gemälde war neulich in einer Tageszeitung veröffentlicht. Es ist eines der vielen Bilder religiöser Art, die Giovanni Bellini (1430-1516) malte. Viel Persönliches ist von dem Künstler selbst nicht bekannt. 1483 wurde er allerdings zum offiziellen Maler der Republik Venedig ernannt. Aus seiner Werkstatt gingen berühmte Künstler wie Tizian hervor. In den Gemälden Bellinis ist im Mittelpunkt oft eine Madonna zu sehen; im Hintergrund jedoch Landschaften. Das Gemälde „Christus auf dem Ölberg“ ist ebenfalls in eine Landschaft gestellt, die man sich am Ölberg im Garten von Gethsemane vielleicht etwas anders vorstellen würde. Aber das ist eben die künstlerische Freiheit, von der der Maler allgemein Gebrauch machen kann. Hier mutet sie eher als eine Landschaft in Italien an, aus der der Künstler stammt. Aber kann Gethsemane nicht zu jeder Zeit und überall sein? Diese besondere Stimmungslage eines sehr radikalen Abschieds, der sich in mannigfacher Weise auch im Leben eines Menschen vollziehen kann, wenn auch nicht ganz vergleichbar. Mit welchen einschneidenden Abschieden kann der Mensch immer wieder konfrontiert werden? Sie alle sind eigentlich bekannt und vertraut und müssten nicht extra besonders benannt werden: So zum Beispiel wenn ein uns nahestehender Mensch, der aus welchen Gründen plötzlich nicht mehr erreichbar für uns ist. Oder wenn von einem Freund in einer schwierigen Lebenslage etwas Trost erhofft wird, der aber ausbleibt. Doch wenden wir uns weiteren Details des Bildes zu: Da sitzen drei Jünger abseits, die der Christus bei sich haben wollte. Träumen sie, schlafen sie oder verharren sie im eigenen kummervollen Nachdenken? Oder ringen auch sie mit dem Schicksal? Wir wissen es nicht, aber sie scheinen mit sich selbst beschäftigt zu sein. Gedanklich vermutlich nicht verbunden mit ihrem Herren, der in äußerster Verlassenheit ringt. Auch wir warten im Leben auch immer auf etwas. Ja, worauf? Simone Weil sagt es so: „Manchmal verschlafen auch wir wichtige Ereignisse in unserem Leben, weil sie uns nicht bewusst sind. Weil wir uns nicht kennen, wissen wir nicht, was für uns heilsam ist.“ So können wir die Antwort auf unsere Lebensfragen nur aus unserem tiefsten Innersten beziehen, aus dem Punkt des Herzens, der mit der Christuskraft verbunden werden kann. Dann erst beginnt das eigentliche Leben. Wir folgen dann der Christuskraft, die uns in die Befreiung des Herzens führen will. Dann kommt uns das eigentliche Sein nah durch ein neues Denken und Fühlen, woraus eine neue Tat entspringen kann. Im Wassermann Evangelium sagt der Meister: „Ich gehe, um in der Dunkelheit allein mit Gott zu reden. Schmerz droht mich zu übermannen. Wacht mit mir. Verzweifelt betet er. Gewaltig ist der innere Kampf. Er kommt zurück und findet die Jünger schlafend.“ Wieder das Bild schauend, lebt die Umgebung des Heiligen. Man sieht eine weiße Stadt auf einem der Bergesgipfel. Soll es ein Symbol für das neue Jerusalem sein? Dann eine wandernde Gruppe. Sind es die übrigen Jünger oder Menschen, die eine Antwort auf die Sinnlosigkeit dieses Daseins suchen und in der Steinwüste dieser Welt zu Suchern geworden sind? Ganz oben im Himmelsgewölk steht eine weiße Gestalt. Trägt sie einen Becher, den des Leidens oder ist es ein Becher, der dem Ringenden Trost spenden will? Der Künstler hat es uns nicht verraten. Dann sieht man auf dem Bild Zäune und Mauern, sind es Zeichen für die Begrenztheit dieses Lebensfeldes? Auch einen Pfahl als eine Andeutung auf die spätere Kreuzigung? Oderein Fluss als Symbol für das lebende Wasser? Alles Embleme, die der Ringende in Realität vielleicht schon vor dem inneren Auge wahrnimmt, so als lebt sich der spätere Erlöser schon auf das ein, was seine geschaute Zukunft ihm bringen könnte? Schauen wir noch einmal auf die mit sich ringende Gestalt des Herrn. Sie ist von der Kraft der Worte „Herr Dein Wille geschehe“ ganz durchdrungen. Auch in unserem Leben kann es Situationen geben, die nach einer solchen inneren Haltung rufen, wenn sie uns auch nicht das ganze Selbstopfer von uns fordern.   Abschließende noch einige Zitate der Philosophin Simone Weil: Das Liebeswort Gottes ist Schweigen. Er wartet schweigend. Gott wartet darauf, dass ich beginne, ihn zu lieben. Gott bettelt um unsere Liebe.  
 Gemälde von Giovanni Bellini

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