Der Mensch ist ein Gott in Windeln. Die Zeit ist eine Windel. Der Raum ist eine Windel. Das Fleisch ist eine Windel, und ebenfalls alle Sinne und die Dinge, die damit wahrnehmbar sind. Die Mutter weiß nur zu gut, daß die Windeln nicht der Säugling sind. Der Säugling weiß es nicht.
Der Mensch ist sich seiner Windeln nur zu bewußt, die sich von Tag zu Tag und von Alter zu Alter ändern. Daher ist sein Bewußtsein immer im Fluß; und daher ist sein Wort, das sein ausgedrücktes Bewußtsein ist, niemals klar und eindeutig; und daher ist seine Einsicht umnebelt; und daher ist sein Leben aus dem Gleichgewicht. Es ist ein dreifach verworrenes Durcheinander.
Und darum fleht der Mensch um Hilfe. Seine herzzerreißenden Schreie hallen durch die Äonen wider. Die Luft ist schwer von seinen Klagen. Das Meer ist salzig von seinen Tränen. Die Erde ist durchfurcht von seinen Gräbern. Die Himmel sind betäubt von seinen Gebeten. Und das alles, weil er noch nicht die Bedeutung seines Ichs kennt, das für ihn gleichzeitig die Windeln und das darin eingewickelte Baby ist.
Auszug aus dem Kapitel:
Der Mensch ist ein Gott in Windeln
aus dem
Buch Mirdad von Mikhail Naimy
erschienen im DRP Rosenkreuz Verlag
Foto: DRP Rosenkreuz Verlag