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Ich sitze an einem Novembernachmittag in meinem Wohnzimmer,
starre in das trübe Grau in meinem Garten und grüble so vor mich hin.
Die Atmosphäre ist nebelverhangen, regenfeucht
und von einer Bewegungslosigkeit, die an Sterben und Tod
denken lässt.
Meine Stimmung ist entsprechend gedrückt. Ich habe keine Lust
auf zu stehen und irgend etwas zu tun.
In früheren Zeiten, so beschreiben es manche Dichter, kamen die
Menschen auf dem Lande in diesem Monat zusammen; die
Frauen saßen am Spinnrad und die Männer sprachen über die
Ernte des vergangenen Sommers und über ihre Vorhaben für
das kommende Jahr.
Heute jedoch läuft die Maschinerie des modernen Lebens laut
und hektisch fast Tag und Nacht weiter und zwingt uns zu
einer oft naturfeindlichen Aktivität.
Während sich mein Blick noch lustlos in dem Grau des Tages
verliert, reißt pötzlich die Wolkendecke auf und die Sonne
vertreibt Wolken und Nebel. Ihr Licht durchflutet alles und
taucht die Welt in eine strahlende Klarheit, wie man sie nur
selten im Jahreslauf erleben kann. Die wenigen vergilbten
Blätter, die noch an den Bäumen hängen, scheinen transparent
und wie von Gold durchwirkt zu sein. Ich schaue gebannt wie
sich die Umgebung in einen unwirklichen, kristallklaren Raum
verwandelt hat.
Nur eine kurze Zeit, und dann verschluckt das trübe Grau die
Herrlichkeit wieder.
Dieses Erlebnis kann uns an eine andere Wirklichkeit er-
innern, die von Licht und Klarheit durchdrungen ist und in der
es keine Trübsal und Bedrückung mehr gibt.
Foto: Frank Saß